Die Borkenkäfersituation in unseren Nachbarregionen
„Nach dem Sturm ist vor dem Käfer“, diese alte Försterweisheit bewahrheitet sich leider auch dieses Jahr. Durch das Sturmtief Frederike am 18.01.2018 sind etwa 11 Mio. fm Holz, insbesondere im Norden und Osten Deutschlands, angefallen[1].
Von Kurt Seebauer – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=845218
Kolle verursachte im Sommer 2017 über 2 Mio. fm Holz, besonders stark betroffen war Niederbayern[2]. Dadurch stand viel Brutmaterial für den Borkenkäfer zur Verfügung, in Kombination mit der extremen Dürre im Sommer paradiesische Zustände für den Rindenbrüter.
So wundert es nicht, dass die Situation in Oberfranken und im restlichen Bayern stark angespannt ist. Die durch den Borkenkäfer verursachte Holzmenge im Freistaat wurde 2017 auf etwa 3,5 Mio. fm geschätzt[3], Zahlen für 2018 liegen noch nicht vor. Die heimischen Säger könnten die im Freistaat anfallende Holzmenge leicht bewältigen, allerdings nimmt der Druck aus den benachbarten Regionen, insbesondere aus Tschechien, zu. Dort tritt ein neuer Schädling auf, der durch seine aggressive Vorgehensweise eine Hauptursache für die Katastrophe bei unserem östlichen Nachbarn ist. Tschechiens Rundholzexporte haben sich seit 2010 mehr als verdreifacht[4].
Tschechien – 20 Mio. fm
“Der Ausblick für 2019 ist fast apokalyptisch. Derzeit sind vom Borkenkäfer bis zu 20 Millionen Kubikmetern Fichtenbeständen befallen, aus denen im Frühjahr weitere Käfer zu wachsen beginnen. Im nächsten Jahr kann der Borkenkäfer bis zu 50 Millionen Kubikmeter erreichen, das ist das Dreifache der normalen Jahresernte. Holzverarbeitungsanlagen in unserem Land haben eine jährliche Gesamtkapazität von 12,5 Millionen Kubikmeter.”, sagte František Kučera, Leiter des Verbandes der Besitzer von kommunalen und privaten Wäldern der Tschechischen Republik (SVOL)[5].
Bei einem Gesamteinschlag von normalerweise etwa 16 Mio. fm kann man ermessen, wie katastrophal die Lage in Tschechien ist[6]. Dazu beigetragen hat der Nordische Borkenkäfer, eine Art, die sich von Nordeuropa aus in Tschechien angesiedelt hat.
In einigen Regionen ist der Nordische Borkenkäfer (Ips Duplicatus) für bis zu 65 % der Käferholzmenge verantwortlich, in gesamt Tschechien werden bis zu 30 % der jährlichen Käferholzmengen bis 2017 auf seinen Einfluss zurückgeführt. Durch den Import von Käferholz besteht die Gefahr, dass dieser aggressive Schädling auch nach Bayern eingeschleppt wird[7].
Daher fordern Vertreter der deutschen Forstwirtschaft, so auch der Bayerische Waldbesitzerverband und die Forstwirtschaftliche Vereinigung Oberfranken, die sofortige Einführung von Phytosanitären Kontrollen des Importholzes aus Tschechien! Eine Invasion des Ips Duplicatus wäre eine Katastrophe für den deutschen Wald.
Österreich – 4 Mio. fm
In Österreich rechnet man dieses Jahr mit 4 Mio. fm Käferholz, diese Menge übertrifft noch die letztjährige „Rekordmenge“ von 3,5 Mio fm[8]. Dies entspricht knapp einem Drittel des regulären jährlichen Nadelholzeinschlags Österreichs[9].
Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hessen – etwa 4 Mio. fm
In NRW berichtet der Landesbetrieb von einer nie dagewesenen Massenvermehrung, insgesamt werden mit 2 Mio. fm Käferholz gerechnet[10]. Dies ist wie in Hessen dem Versuch der „Lebendkonservierung“ des Sturmholzes in Kombination mit der Dürre geschuldet.
Erschwerend kommt hinzu, dass in Hessen und NRW die Staatsforsten FSC-zertifiziert sind. Eine schnelle chemische Bekämpfung des Borkenkäfers wurde dadurch verhindert, dies hat zu der katastrophalen Lage beigetragen.
Auch Niedersachsen, das besonders von der Dürre betroffen war, rechnet mit 1 Mio. fm Käferholz[11]. Das Sturmholz wurde im Solling und im Harz schnell aufgearbeitet, das Brutmaterial wurde dem Käfer also entzogen.
Hessen Forst scheint keine Probleme mit dem Borkenkäfer zu haben, bei Eingabe des Suchbegriffs Borkenkäfer auf der Homepage erhält man keine Treffer. Auch sonst findet man nur wenige aktuelle Nachrichten zu Borkenkäfer in Hessen, das Internetportal „Mittelhessen“ berichtet über mehrere 100.000 fm Holzeinschlag aufgrund von Borkenkäfer.
Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz – etwa 1 Mio. fm
Für Baden-Württemberg sind keine Zahlen verfügbar, Schätzungen liegen bei etwa 500.000 fm. Rheinland-Pfalz berichtet von 280.000 fm Käferholz, das bis Mitte Oktober eingeschlagen wurde. Die dortigen Landesforsten gehen davon aus, dass sich die Menge bis zum Jahresende noch „um einiges“ steigern wird[12].
Sachsen und Thüringen – knapp unter 1 Mio. fm
Der Borkenkäfer verursacht etwa 360.000 fm Käferholz in Thüringen[13], in Sachsen geht der Referatsleiter Waldentwicklung/Waldschutz bei Sachsenforst in Pirna, Lutz-Florian Otto, von etwa 340.000 Festmeter vom Borkenkäfer befallenen Fichtenholz aus[14].
Fazit
Die Käfermengen in Deutschland summieren sich auf insgesamt auf etwa 10 Mio. fm, zuzüglich unserer Nachbarregionen ergibt dies 30 bis 35 Mio. fm. Laut “Holzkurier” ist in Mitteleuropa mit 51 Mio. fm Sturm- und Käferholz zu rechnen, insgesamt wird der Einschlag auf 97 Mio. fm geschätzt[15].
Diese in Deutschland anfallende Menge liegt deutlich unter der Verarbeitungskapazität der heimischen Holzindustrie. Der Absatz der Holzindustrie ist zurzeit sehr gut, sodass verarbeitetes Holz zu sehr guten Preisen schnell abgesetzt werden kann. Das Problem ist Holz aus Tschechien und Österreich, das unseren Markt überschwemmt. Dies führt zu einem Überangebot an Holz und zu einer schwierigen Marktlage.
Auch nächstes Jahr rechnet Tschechien mit einer vergleichbar großen Käferholzmenge, auch in Deutschland wird sich die Käfersituation nicht entspannen[16]. Die Marktlage wird sich daher mittelfristig nicht verbessern.
Quellen
[1] http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/016/1901661.pdf
[2] https://www.lwf.bayern.de/informationstechnologie/fernerkundung/173301/index.php
[3] (https://www.welt.de/regionales/bayern/article178467760/Schaedlingsbefall-Beim-Borkenkaefer-koennen-wir-nicht-mehr-von-Schwarm-Wellen-sprechen.html
[4] Eurostat https://ec.europa.eu/eurostat/de/home
[5] https://ekonomika.idnes.cz/lesy-kurovec-sucho-ceny-dreva-d2v-/ekonomika.aspx?c=A181003_134803_ekonomika_fih
[6] http://appsso.eurostat.ec.europa.eu/nui/show.do?dataset=for_remov&lang=de
[7] http://www.lwf.bayern.de/waldschutz/monitoring/202063/index.php
[8] http://www.salzburg24.at/rekordschaeden-durch-borkenkaefer-in-oesterreich/5372624
[9] Eurostat https://ec.europa.eu/eurostat/de/home
[10] https://www.wald-und-holz.nrw.de/fileadmin/Waldschutz/Dokumente/NEU_Info_6-2018_Anlage_Kreuzchenliste_BoKa__-Beka__mpfungsoptionen_2018_10_12.pdf
[11] https://www.agrarheute.com/landundforst/betrieb-familie/forst/borkenkaefer-niedersachsen-fichten-gefahr-548235
[12] https://www.wald-rlp.de/de/start-landesforsten-rheinland-pfalz/service/nachrichten-uebersicht/einzelnachricht/news/detail/News/was-macht-der-borkenkaefer-mit-dem-wald-11-fragen-und-antworten/
[13] https://www.holzkurier.com/rundholz/2018/09/thueringen-borkenkaefer.html
[14] https://www.mdr.de/sachsen/borkenkaefer-plage-sachsen-wald-100.html
[15] https://www.topagrar.at/home/Borkenkaeferschaeden-heuer-beu-rund-4-Mio-Festmetern-10063912.html
[16] Vortrag von Dr. Ralf Petercord am 13.10.2018 auf der „Infotagung für forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse“ in Kelheim